Zwei Einheiten der Baureihe 236 fest gekuppelt ergeben ein „Doppeltes Lottchen“
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Die Bedeutung des Spitznamens für diese Doppeltraktion der Baureihe 236 ist offensichtlich, wenn man die beiden fest gekuppelten Einheiten sieht.
Das Modell von Märklin habe ich für einen relativ günstigen Preis bei eBay ersteigert, musste dann jedoch feststellen, dass der Zustand eher fragwürdig war. Das „Vitrinenmodell“ sah eher nach einem Sturzschaden aus: Reling gebrochen, Fehlteile, ein Puffer beschädigt, Scheiben fehlten …
Bei der Probefahrt stellte ich fest, dass nicht nur der Antrieb total verharzt war – ein übliches Problem bei Fahrzeugen aus den 80ern, ich hatte nichts anderes erwartet –, sondern dass offenbar auch ein Radsatz verbogen war: Die Lok eiert und rattert über das Gleisbett.
Zum Glück lief die Reklamation problemlos und für einen weiteren Rabatt habe ich das gute Stück behalten. Für meine Spielbahn ist der Zustand noch ausreichend.
Wer sichergehen möchte, sollte Neuware bei Händlern kaufen – auch dafür gibt es bei eBay oft noch Angebote, freilich deutlich teurer als mein Bastelobjekt.
Das Modell verfügt über zwei Trommelkollektor-Motoren (DCM) mit klassischem Fahrtrichtungsumschalter. Die Glühlampe für die Stirnbeleuchtung ist originellerweise in der Mitte untergebracht – deswegen auch der neckische Blendschutz um den Motorblock, der den Führerstand abschirmt.
In der zweiten Einheit befindet sich die Vorschaltelektronik, die den „Bocksprung“ beim Umschalten verhindern soll. Das „Doppelte Lottchen“ war eines der ersten Modelle, die Märklin damit ausgerüstet hat – entsprechend hatte sie noch einige Kinderkrankheiten: Die Schaltung neigt dazu, sich stark zu erhitzen und durchzubrennen. Der verharzte Motor macht dieses Problem nicht gerade kleiner.
Die Vorschaltelektronik reduziert auch die Betriebsspannung für die Glühlampen. Statt der üblichen Gleisspannung liegen dort nur 1,5 Volt an.
Der Motor sitzt fest, sämtliche Zahnräder sind verklebt – es führt kein Weg daran vorbei, die Lok zunächst einmal weitgehend zu zerlegen.
Auf dem Bild kann man es schlecht erkennen, aber tatsächlich ist auf jedem einzelnen Getriebeteil bis hin zur Ankerwelle eine klebrige Harzschicht, die Zahnräder und Achsen festhält.
Nachdem die Lok so weit zerlegt ist, spüle ich sie gründlich mit WD 40 durch. WD 40 löst das verharzte Altöl und spült es aus dem Fahrgestell heraus. Mehrere Durchgänge, dabei stets das Fahrwerk per Hand bewegen, und es wird wieder leichtgängig wie am ersten Tag.
Im Gegensatz zu Lösungsmitteln wie z. B. Kontaktreiniger greift Kriechöl auch den Lack nicht an. Der ist hier ohnehin etwas abgestoßen, aber man muss es ja nicht schlimmer machen, als es eh schon ist.
Nach der Reinigung stelle ich fest, dass die Zahnräder arg locker auf ihren Wellen sitzen und kreischen, wenn sie zu schnell gedreht werden. Mit Öl kann man da nichts mehr reißen: Teflonfett löst das Problem.
Das überschüssige Fett, das sich hier als dicke Tropfen auf den Wellen gesammelt hat, muss natürlich wieder entfernt werden. Die Zähne der Zahnräder werden niemals geschmiert – auch wenn es bei Märklin üblich ist, dass Loks in einem veritablen Ölbad ausgeliefert werden.
Die Ankerwelle soll Kugellager bekommen, womit der Antrieb weitgehend wartungsfrei wird. Während ich auf die Lieferung der Lager warte, breite ich die Einzelteile mal aus.
Den Motor rüste ich nur mit Hamo-Magneten aus der Bastelkiste um, weil mir der Umbau zum Hochleistungsantrieb übertrieben erscheint. Auch der Decoder stammt aus der Bastelkiste.
Endlich sind die Kugellager da!
Auf der Motorblockseite passen sie wie üblich in die Bohrung des bisherigen Gleitlagers. Im Motorschild ist wieder eine Bohrung nötig. Ich habe mittlerweile schon Übung.
Ebenfalls ein Fall für den Minibohrer sind die Hamo-Magnete: Die Motorblöcke sind einen Hauch zu groß, so dass ich vom Kunststoff-Gehäuse der Magnete eine schmale Kante wegfräsen muss. Danach passen sie perfekt.
Die Beleuchtung erfolgt mit den ursprünglichen Fassungen, aber normalen Glühlampen für 22 Volt, die mit dem Decoder und der Digitalspannung harmonieren. Kabel lassen sich im Kanal der originalen Kupplungsdeichsel wieder verlegen und laufen unter den Motorblöcken entlang.
Der Masse-Abgriff ist eigentlich etwas zu groß – aber passt schon.
Als Decoder setze ich den LokPilot 3.0 von ESU ein. Er hat schon einige Jahre auf dem Buckel, aber die Fahreigenschaften sind nach wie vor konkurrenzfähig. Ich schließe die beiden Motoren einfach parallel an. Der Decoder hält diese Belastung problemlos aus; die Achsen drehen ohnehin durch, lange bevor die Motoren und damit der LokPilot überlastet würden.
Der Decoder war vorher irgendwo anders eingebaut und die Kabel entsprechend gekürzt. Ich habe also Nägel mit Köpfen gemacht, ihn aus seinem Schrumpfschlauch befreit, neu verkabelt – und dann stabil mit Heißkleber im Fahrgestell befestigt.
Für die Kabelführung kommt wieder ungeschrumpfter Schrumpfschlauch zum Einsatz.
Als i-Tüpfelchen gibt es noch Kurzkupplungsköpfe aus dem Umrüstsatz 7205. Im Umrüstsatz sind jeweils 40 Kupplungen für Wagen und 10 für Lokomotiven – mit der Zeit haben sich Unmengen von Lokomotiv-Kupplungen angesammelt, weil ich bei Weitem mehr als vier Wagen pro Lok habe.
Das Ergebnis ist durchaus überzeugend. Die Entscheidung gegen den Hochleistungsantrieb war goldrichtig: Die Fahreigenschaften sind einwandfrei. Das „Doppelte Lottchen“ fährt relativ sanft an und der LokPilot hat selbst ohne Anpassung der Parameter keine Probleme, die beiden Motoren zu regeln. Dank gründlicher Reinigung und kugelgelagerter Ankerwelle drehen die Motoren auch fast perfekt synchron.
Die Kugellager haben am Anfang sehr deutliche Geräusche erzeugt, aber nach einer Runde über die Anlage waren sie eingefahren und zirpten nur noch.
Einzig das verbogene Fahrwerk macht Kummer: Rückwärts ist es OK, aber in Vorwärtsrichtung stößt die Lok durchaus heftig auf die Gleise. Ohne diesen Schönheitsfehler hätte die Doppeltraktion einen seidenweichen Lauf.
Die Zugkraft ist nicht der Brüller, aber für kürzere Züge durchaus ausreichend. Immerhin sind alle Achsen angetrieben und die vier Haftreifen befinden sich auf den beiden Achsen direkt unter den Motorblöcken. Damit kann man fahren.
Insgesamt ist es ein sehr erfolgreicher Umbau mit höchst befriedigendem Ergebnis.